TOTO - 40 Trips Around The Sun

Jenseits von Africa
Seit mehr als 40 Jahren schreiben Toto weltweit Rockgeschichte!

Philipp Gosselck

"Africa" und "Rosanna" haben sie berühmt gemacht. Im vergangenen Jahr feierte TOTO, die Hit-Maschine der 80er Jahre, ihr 40. Bandjubiläum mit einem neuen Greatest-Hits-Album, mit dem die Soft-Rocker auch auf große Welttournee gingen. Die "40 Trips Around The Sun"-Tour jetzt in Deutschland weiter! Wir werfen einen Blick auf 40 bewegte Jahre einer außergewöhnlich talentierten Band.

TOTO? Hat der nicht einen Hit in den 80ern gehabt? So oder so ähnlich werden vermutlich viele reagieren, wenn man sie nach dieser Band befragt. Aber wer ist eigentlich dieser TOTO und was macht er heute?

Das ist pure Blasphemie, klar. Und doch steckt ein Funken Wahres darin, denn kaum eine andere Band (natürlich heißt niemand in der Gruppe TOTO mit Vornamen) entzieht sich so konsequent den klassischen Eckpfeilern einer Rocklegende wie die Jungs aus Los Angeles. Kein polarisierender Frontmann, der als Band-Diktator fungiert, kein stiller Bassist, der alle Songs im stillen Kämmerlein schreibt. Keine Tattoos, keine öffentlich ausgetragenen Schlammschlachten, keine Posterboys, keine Models, kein Koks. Naja, letzteres vielleicht schon.

Gerne werden Zahlen bemüht, wenn es darum geht, den Erfolg einer Band zu messen. Zwei Top Ten Alben, eine Hitsingle, Goldene Schallplatte, eine Million verkaufter Platten, schließlich sogar noch ein Grammy – die standardisierte Erfolgsgeschichte einer durchschnittlich guten Rockband.

Machen wir uns doch einmal den Spaß und setzen diese Kriterien bei TOTO an: ein Welthit, der sich Monate auf Platz eins der internationalen Charts hielt, acht Top Ten Singles, 33 Chart-Singles insgesamt, nicht weniger als sechs Grammys. Aufnahme in die Rock and Roll Hall of Fame, ein Soundtrack und sage und schreibe mehr als 40 (!) Millionen verkaufte Alben. Ebenso lange gibt es TOTO mittlerweile.

Es geht sogar noch viel weiter. Zählt man die zahlreichen Kooperationen, Auftragsarbeiten und Einspielungen der Bandmitglieder bei anderen Bands mit, so kommen über 5000 Alben mit mehr als 500.000.000 verkauften Einheiten zusammen. Eine. Halbe. Milliarde. Alben.

Das kann nicht alleine an "Africa" und "Rosanna" liegen, den beiden erfolgreichsten Songs von TOTO. Höchste Zeit, die Band ein wenig genauer unter die Lupe zu nehmen und auf mehr als 40 Jahre Musikgeschichte zurückzublicken.

DIE ANFÄNGE – DER ANTI-TREND

Mitte der 70er Jahre blühte die Musikszene in Los Angeles. Die Hippie-Ära näherte sich zwar dem Ende, aber der technologische Fortschritt und das Entstehen zahlreicher neuer Subkulturen machten die Stadt zu einem Mekka für Musiker, Tontechniker und Plattenfirmen.

Aus dieser gut vernetzten und sehr aktiven Szene heraus entsteht die Band TOTO. Allen Mitgliedern ist gemein, dass sie professionelle Studiomusiker sind, die ihre Instrumente virtuos beherrschen. Technische Perfektion und ein komplexes, kompositorisches Songwriting gehören vom ersten Album an zum Markenzeichen der Band.

Das 1978 erscheinende Album TOTO, ein verspieltes, melodisches und aufwendig produziertes Album, ist archetypisch für den Sound der Band, der nicht jedem auf Anhieb gefiel. Viele der negativen Stimmen begleiten TOTO bereits seit dem Erscheinen des ersten Albums, denn Ende der 70er beginnt auch das Zeitalter der großen musikalischen Unzufriedenheit.

Aus Weltfrieden wird No Future, die Protestsongs der Hippies formen sich zum rohen und aggressiven Sound des Punk. Am Horizont ziehen bereits die düster-schweren Wolken von Wave, Indie und Metal auf, möglicherweise nicht der beste Zeitpunkt, sich dem Classic Rock zu widmen.

Pustekuchen. Das Album stürmt die Charts, mit “Hold the Line” hat die Band bereits einen ihrer ersten Megahits am Start.

JEDE BAND BRAUCHT EIN GEHIRN – TOTO HAT 6

Auf hohem Niveau genau das nicht zu machen, was von ihnen erwartet wird, scheint die Erfolgsformel der Band zu sein, die sich über die Jahre immer wieder personell verändert.
Das tat der Kreativität von TOTO jedoch keinen Abbruch, im Gegenteil. Die regelmäßigen Besetzungswechsel hatten zur Folge, dass es immer mehrere ausgezeichnete Songwriter in der Band gab, die sich einen regelrechten Wettstreit darum lieferten, wer die besten Songs schreibt.

In den ersten 15 Jahren waren das vor allem David Paich, der Keyboarder, und Jeff Porcaro, der Schlagzeuger. Gemeinsam mit dem Gitarristen Steve Lukather, dem einzigen Bandmitglied, dass von der Gründung bis heute Teil von TOTO ist, entwickelten die beiden Rocksongs auf einem technischen und kompositorischen Niveau, das sich drastisch vom einfachen Mainstream unterschied und dennoch eine hohe Massenkompatibilität und Radiotauglichkeit aufwies.

Zusammen mit Bands wie Alan Parsons Project, Boston und REO Speedwagon war eine Bandszene herangereift, aus deren Musik ein neues Genre entstand, der Adult Oriented Rock (AOR). Inhaltlich blieb man den Themen der Rockmusik treu (Liebe, Sex und Zärtlichkeiten), betrat aber in Sachen Komposition und Ausrichtung neue Wege, denn diese Musik richtet sich an Erwachsene, nicht an die Jugend, das eigentlich klassische Rock-Publikum.

Die Ausnahmemusiker von TOTO wirkten auf zahlreichen Alben mit, die als Meilensteine in die Musikgeschichte eingegangen sind. Beispielhaft hervorheben lässt sich Michael Jacksons Jahrtausendwerk “Thriller”, auf dem praktisch alle TOTO-Bandmitglieder zu hören sind. “Human Nature” stammt zum Beispiel aus der Feder von Steve Porcaro, das Riff von “Beat It” wird von Steve Lukather gespielt, Jeff Porcaro sitzt an den Drums. Die Reihe von Kooperationen setzt sich in nicht zählbarer Reihe fort. Jeder einzelne der Musiker von TOTO gilt als Ausnahmetalent und gehört zu den gefragtesten Studiomusikern weltweit.

Eine Supergroup also, die sich aus echtem Talent und nicht aus Ruhm und Showmanship zusammensetzt. Der Saitengott Eddie van Halen brachte es einmal mit den wenig zurückhaltenden Worten auf den Punkt: “Für mich sind TOTO als gemeinsame Band die besten Musiker auf dem Planeten.”

Beweis gefällig? Der Halftime-Shuffle-Groove, den Jeff Porcaro unter den dreifach Grammy-ausgezeichneten Song “Rosanna” zaubert, zählt zu den besten Rock-Drummings aller Zeiten. Porcaro mischt einen jazzigen Shuffle mit dem Led Zeppelin-typischen Beat eines Jon Bonham und zitiert gleichzeitig Bo Diddley Beats. Das Ergebnis ist eines der ungewöhnlichsten Rock-Drumming-Patterns aller Zeiten.

DER TOD EINER LEGENDE – DIE TIEFEN DES RUHMS

Ihren Höhepunkt hatte die Band 1982 mit dem Erscheinen des Albums IV, das die Welthits “Africa” und “Rosanna” lieferte. Kurze Zeit später führten Drogeneskapaden (also doch ein wenig Koks) zur Trennung von Sänger Bobby Kimball. Die Sängerwechsel wurden in den nächsten 15 Jahren zum Dauerthema in der Band, was sich jedoch nicht großartig auf deren Erfolg auswirkte, gab es einfach zu viele gute Sänger in der Band. Hier zahlte sich aus, dass die Band aus Ausnahmetalenten zusammengesetzt war, fiel jemand aus, brach das System der Gruppe trotzdem niemals zusammen.

Toto IVErst der vollkommen unerwartete Tod von Drummer Jeff Porcaro im Jahr 1991 brachte TOTO ernsthaft ins Wanken. Der älteste der drei Porcaro-Brüder, die alle in der Band spielten, drohte zum Aus für alle zu werden, zu groß war der Einfluss und die Strahlkraft, die der nicht immer unumstrittende Schlagzeuger auf TOTO hatte.

Glück im Unglück hatte die Band, als sie den vielleicht einzig möglichen Ersatzmann für Porcaro engagieren konnten: Simon Phillips gilt als überragender Studiodrummer und passte damit ganz hervorragend zu den anderen Fricklern von TOTO.

DAS ENDE, DAS KEINS WAR

In den 90ern konnten TOTO noch mehrere erfolgreiche Alben platzieren und waren regelmäßig auf großen Welttourneen. Die Versiertheit der Musiker macht die Band auch Live zu einer Besonderheit, es heißt, fast niemand sei in der Lage, einen derart perfekten Live-Sound auf die Bühne zu bringen wie die Jungs aus LA.

Mehr und mehr übernahm Steve Lukather die Führung der Band, die zu Beginn des neuen Jahrtausends langsam, aber sicher müde wurde. Die schwere Erkrankung des zweiten Porcaro-Bruders Mike, der 2015 dem Nervenleiden ALS erlag, aber bereits 2007 krankheitsbedingt aussteigen musste, führte zum kurzzeitigen Ende von TOTO.

Erst die Wiedervereinigung mit alten Weggefährten, die die Band bereits in den 80er Jahren verlassen hatten, brachte wieder Schwung in die Sache. Nach zwei Jahren Pause ging es wieder los. Der letzte Porcaro, Steve, an den Keyboards, Lukather an der Gitarre, David Paich und Joseph Williams bilden nun den Kern der Band, die seit 40 Jahren allen Unkenstimmen zum Trotz Bestand hat.

Es scheint, als wäre es gerade das Fehlen eines klassischen Frontmanns und auch der  Look der Band, der zum Patent dafür wurde, einfach weiterzumachen und sich den Trends zu widersetzen.

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