Prince Emancipation

PRINCE: Fortsetzung in Lila!
AUF CHAOS UND UNORDNUNG FOLGT BEFREIUNG!

Alex Gernandt

Drei fantastische neue Releases von Prince begeistern die Fans des unvergessenen Pop-Genies aus Minneapolis. Es sind drei bemerkenswerte Alben, die es in dieser Form zuvor noch nicht gegeben hat: “The VERSACE Experience (Prelude 2 Gold)“, “Chaos and Disorder“, sowie “Emancipation“. Ersteres war bislang nur Gästen einer Pariser Versace-Modenschau vor 24 Jahren als exklusive MusiCassette vergönnt, letztere beiden Alben aus dem Jahr 1996 waren lange Zeit vergriffen und sind nun erstmals seit fast zwanzig Jahren auf CD und erstmals auch in Vinyl-Varianten erhältlich, “Emancipation“ gar in einer 6-LP-Box – und alle in Prince-typischem violettem Vinyl…


 

PASSION 4 FASHION: “THE VERSACE EXPERIENCE: PRELUDE 2 GOLD“

“Welcome to the dawn. You have just accessed the Versace Experience…“ Mit diesen einleitenden Worten beginnt ein Prince-Album, das exklusiver nicht sein könnte: “The VERSACE Experience: Prelude 2 Gold“! Der Begrüßung folgen HipHop-Beats und der Opening-Track “Pussy Control“. Insgesamt umfasst diese “Experience“, dieses einmalige Sounderlebnis, 15 Stücke – Songs und kürzere Interludes – wie das partytaugliche “Get wild in the House“, die Ballade “Eye hate you“, das superfunky “Billy Jack Bitch“ (mit Backgroundvocals von Lenny Kravitz!), das jazzige Instrumental “Rootie Kazootie“ von Madhouse, PPrince’ damaligem Jazz-Fusion-Projekt, bei dem er Keyboards und Schlagzeug spielte sowie die großartige Pophymne “Gold“ als Abschlussnummer. Außerdem: weiteres seltenes, unveröffentlichtes Material von Prince’ Band The New Power Generation und dem NPG Orchestra. 
 
Jetzt erscheint das unter Fans und Sammlern heißbegehrte Werk erstmals auf CD, Vinyl und digital. Das Besondere an “The VERSACE Experience“: Die Songs waren im Juli 1995 nur auf der Pariser Modenschau von Stardesigner Gianni Versace (1946-1997) im Rahmen der Paris Fashion Week zu hören. Der Clou: Die geladenen Gäste bekamen die Musik am Ende der Show exklusiv als Cassette überreicht (in einer Zeit lange vor Smartphones, Downloads und Streaming!). Eine offizielle Veröffentlichung fand nicht statt.

Im Prinzip war dieses Tape eine Art Promotiontool, ein “Vorspiel“ für das kommende offizielle Prince-Album “The Gold Experience“, was den Untertitel “Prelude 2 Gold“ erklärt. Es erschien wenige Monate später, im September 1995. Auf der “VERSACE Experience“ sind Songs vertreten, von denen einige (“Pussy Control“ etwa unter dem politisch korrekt verkürzten Titel “P. Control“, “Billy Jack Bitch“, “Shhhh“ oder “Gold“) dann auch auf “The Gold Experience“ zu hören waren, einige davon allerdings in komplett neuen Mixes und Versionen.

Hintergrund: Prince, der sich zeitlebens für Style und Mode interessiert hatte, aber nie bei Modeschauen in Mailand, New York oder Paris blicken ließ, war eng befreundet mit dem italienischen Stardesigner Gianni Versace und dessen Schwester Donatella. Sie erinnert sich in einem Interview: “Prince war außergewöhnlich, eine Erscheinung. Er liebte die große Geste, hatte Herz und verkörperte perfekt, wofür das Label Versace steht. Mit Mode ging er stets spielerisch um, traute sich was, ignorierte Regeln, schuf ein neues Männerbild. Wie man weiß, war Prince ständig dabei, in seinem Studio an neuer Musik zu arbeiten. Er schickte mir immer wieder Tapes mit neuen Songs, das war seine Art zu Kommunizieren. Und daraus entstand schließlich die Idee der Zusammenarbeit bei einer Modenschau…“

Prince, der Mitte der Neunziger unter dem Pseudonym “Love Symbol“ kreativ war, stellte also einen speziellen Mix aus Tracks zusammen, aus Remixen und bislang unveröffentlichtem Material und nannte es passend: “The VERSACE Experience: Prelude 2 Gold“. Die erste von insgesamt vier aufeinander folgenden Modenschauen fand am 8. Juli 1995 in Paris statt. Hier kam seine Musik exklusiv zum Einsatz, während die Models die neuesten Kreationen des Atelier Versace auf dem Laufsteg vorführten. Nach Ende der Show bekamen die geladenen Gäste dann ein Tape mit Prince’ Musik überreicht, offiziell veröffentlicht wurde es nie. Unter Sammlern wurde jene superrare Cassette mit den 15 exklusiven Tracks, 33 Minuten Spielzeit) verständlicherweise zum Objekt der Begierde und erzielte bei einer Auktion einen Preis von über 4.000 US-Dollar. Jetzt, 24 Jahre später, können sich alle Prince-Fans über die offizielle Veröffentlichung von “The VERSACE Experience“ freuen. 


 EIN LAUTER ABSCHIED: “CHAOS & DISORDER“

Fast auf den Tag genau ein Jahr nach den Versace-Modeschauen in Paris, erschien am 9. Juli 1996 Prince’ 18. Studioalbum mit dem vielsagenden Titel “Chaos and Disorder“ – Chaos und Unordnung. Ein ausgesprochen rockiges Werk mit straightem, rauem Gitarrensound, teilweise erinnernd an Legende Jimi Hendrix, der neben Little Richard und Sly Stone zu Prince’ größten Einflüssen zählte. “I rock therefore I am“, ich rocke, also bin ich, betitelte Prince entsprechend eine Nummer. Die Stimmung des Albums beschrieb er später als „laut und rau“ sowie „dunkel und unglücklich“. Nach langwierigen Streitigkeiten und künstlerischen Meinungsdifferenzen mit seinem Plattenlabel Warner Bros, an das er noch vertraglich gebunden war und einen weiteren Tonträger abliefern musste, hatte Prince als eine Art Boykott 1993 seinen Namen abgelegt und agierte fortan unter einem unaussprechlichen Symbol,  , “Love Symbol“ genannt. Manchmal ließ sich “TAFKAP“ (The Artist formerly known as Prince) aus Protest das Wort “SLAVE“ provozierend auf die Wange schminken. 

“Chaos and Disorder“ stellte das letzte Album dar, das er seinem Label noch “schuldig“ war. Ein Abschied, bei dem er sich fast 40 Minuten lang mit unbändiger, roher Energie den aufgestauten Ärger und Frust von der Seele rockte. Als Inspiration für das Album nannte Prince die kalifornische Band Van Halen. Er hatte gehört, dass die Hardrocker aus L.A. ihr Erstlingswerk von 1978 damals in nur einer Woche eingespielt hatten. Diese Spontaneität imponierte ihm, einfach ein Album rauszuhauen, quick and dirty.

Und so sollte es geschehen. Aufgenommen wurden die “Chaos and Disorder“-Tracks wie immer bei Prince zu Hause im Paisley Park in Chanhassen sowie in den South Beach Studios in Miami, wo seine damalige Frau Mayte Garcia die meiste Zeit lebte. Insgesamt sind elf Songs zu hören, wie der hochenergetische Titeltrack, dazu “I like it there“, “Zannalee“ (mit Bluesrock-Touch), “Right the wrong“ (über die Unterdrückung der Indianer in den USA), “The same December“, “Dinner with Delores“ (die einzige Single), das funky-groovende “Dig U better dead“ sowie zum Abschluß das nachdenkliche “Had U“. Hieß das Prince Debütalbum von 1978 bei Warner “For you“ (Für dich), so nannte Prince das letzte Stück auf seinem letzten Album für Warner “Had U“ (Ich hatte dich) – und beendete damit ein großes, wenn auch konfliktreiches Kapitel in seiner einzigartigen Karriere. Eine gewollte Anspielung, da kann man sich sicher sein.

“Chaos and Disorder“ ist ein echtes Bandalbum, mit den altbekannten Musikern der New Power Generation und der großartigen Rosie Gaines, die als Backgroundstimme zurückgekehrt war. Die Kritiken des Albums fielen überwiegend positiv aus, in den Staaten wurde es von der Chicago Sun-Times gar als “Prince’ beste Leistung seit ,Purple Rain’“ bezeichnet. Eine Tournee zum Album verweigerte der Künstler und gab lediglich zwei Interviews zu Promotionzwecken, darunter ein Auftritt in der Talkshow von David Letterman, in der er mit seiner New Power Generation-Band die Nummer “Dinner with Delores“ performte. Nachdem er das Lied beendet hatte, schrie Prince noch laut „Free TLC!“ - Befreit TLC - ins Mikro. Gemeint hatte er die angesagte US-Girl-Band, die sich zur damaligen Zeit ebenfalls in einem Streit mit ihrer Schallplattenfirma befand. 

“Chaos and Disorder“ war für Prince die Vorbereitung eines großen Neubeginns! Als er die Songs dafür zusammenstellte, hatte er parallel schon mit den Aufnahmen zu seinem nächsten Album “Emancipation“ begonnen, das bereits im November 1996 bei einem neuen Label erscheinen sollte. Die jetzige Re-Issue des lange Zeit vergriffenen “Chaos and Disorder“-Album stellt gleichzeitig auch die Premiere auf Vinyl dar!


BEFREIUNG UND NEUBEGINN: “EMANCIPATION“

Es ist eines der wichtigsten, außergewöhnlichsten und umfangreichsten Werke im Wahnsinns-Repertoire von Prince, dazu eines seiner ambitioniertesten und persönlichsten: „Emancipation“ ist ein spektakulärer 178minütiger (!) musikalischer Befreiungsschlag nach Jahren kreativer Missverständnisse mit seinem Label Warner Bros. Es erschien auf seinem Independent-Label New Power Generation Records, das Prince während seiner Zeit bei Warner gegründet hatte, in Zusammenarbeit mit EMI.  

Nur vier Monate nach “Chaos and Disorder“ ging Prince mit “Emancipation“ im November 1996 an den Start, ein Beleg dafür, wie wichtig ihm das Album und der damit verbundene Neustart war. Schon das Artwork spricht Bände: Auf dem Frontcover sieht man Prince’ Hände und gesprengte Ketten! Befreit setzt der Ausnahmekünstler auf dem Dreifach-Album zu einer regelrechten Tour de Force an. Das Besondere dabei ist die hohe Konsistenz der drei Alben, die allesamt mit starken Kompositionen und einigen, teils überraschenden Coverversionen aufwarten. Der Titeltrack, das Abschlußstück auf dem Album, basiert auf einem Gedicht, das Prince mit der Zeile “Is it reality or just a dream“ beginnt, aber nicht den Songtext darstellt. In den Songlyrics zitiert der Meister sich selbst mit “Purple Rain“, das ihn 1984 endgültig zum Weltstar gemacht hatte: “Emancipation - free to do what I want to/ Emancipation - see you in the Purple Rain/ Emancipation - free to do what I want to/ Emancipation - break the chain, break the chain…“

Das Songmaterial ist stilistisch extrem vielseitig, man spürt, wie er seine künstlerische Freiheit richtiggehend auslebt. Grenzen kennt Prince nicht! Funk, Soul, R&B, Rock, Pop, sogar Gospel, Swing und Latin-Jazz-Einflüsse sind zu vernehmen auf Tracks wie “Jam of the year“, “Right back here in my Arms“, “Sleep around“, “Damned if I do“, “White Mansion“, “Courtin’ Time“, “In this Bed I scream“, “Sex in the Summer“, “Emale“, “Curious Child“, “My Computer“ (mit Backingvocals von Kate Bush!), “Style“, “The human Body“ und “Friend, Lover, Sister, Mother, Wife“ (das er seiner Frau Mayte Garcia widmete).

Die Auswahl der Coverversionen kann man durchaus als kurios bezeichnen, sie zeigen deutlich, wie offen Prince für alle Musikrichtungen war. Warner Bros. hatte ihm früher stets davon abgeraten, Songs anderer Künstler zu interpretieren, man wollte nur eigene Prince-Kompositionen hören, was ihn aber künstlerisch schwer einschränkte, denn er bezog auch Inspiration aus der Musik anderer und wollte diese teilen. So geschah es denn schließlich auf “Emancipation“. Prince feiert den Philly-Sound der 1960er und frühen 70er Jahre mit Klassikern wie “Betcha by Golly Wow“ (“Die schönste Melodie, die je geschrieben wurde!“) in der Version von The Stylistics und covert die Philly-Soul-Band The Delfonics mit deren “La La (Means I love you)“. Außerdem, etwas ungewöhnlicher, bringt er die Ballade “I can’t make you love me“ von Blues- und Country-Star Bonnie Raitt sowie den damals noch aktuellen Welthit “One of us“ von Joan Osborne, der aus der Feder von Eric Bazilian von The Hooters stammt.

Am 12. November wurde die Veröffentlichung von “Emancipation“ mit einem exklusiven “Haus-Konzert“ im Paisley-Park-Studio gefeiert, das simultan von MTV, VH1 und BET (Black Entertainment Television) übertragen wurde. Die Show wurde im Nachgang als “erlösende Performance“ bezeichnet, bei der Prince sprichwörtlich alle alten Ketten sprengte. Das Album stieg daraufhin auf Platz 11 der US Billboard 200 Charts ein, verkaufte über 500.000 Einheiten und wurde zu einem der erfolgreichsten Dreifach-Alben aller Zeiten. Eine sechsmonatige Tournee unter dem Motto “Jam of the year“ folgte im Anschluß. 

Das Jahr 1996 war mit den Alben “Chaos and Disorder“, “Emancipation“ und dem Soundtrack zum Spike-Lee-Film “Girl 6“ wohl eines der produktivsten in der sagenhaften Karriere von Prince. Und “Emancipation“ ist der Höhepunkt: Auf den 36 Songs feiert der Artist das Leben, die Liebe (natürlich inklusive Sex, es ist immerhin Prince!) und seine neugewonnene Freiheit. In einem Interview gab sich Prince damals sichtlich erlöst: “Ich bin frei – und meine Musik ist frei…“
Am 13. September 2019 veröffentlichte The Prince Estate dieses Mega-Werk nun erstmals (!) auf Schallplatte. Es ist als Boxset mit sechs LPs in Prince-typischem lilafarbenem 180g-Vinyl erhältlich – ein absolutes Highlight im Oeuvre dieses unsterblichen Popgenies. 


 

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