ANNIE LENNOX
EINE FRAU, SO RÄTSELHAFT WIE KLAR. UND EINE WAHRE IKONE DER POPMUSIK

 

Irgendwann hatte sie einfach aufgehört, Songs zu schreiben. Andere Dinge wurden wichtiger: Dinge, für die sie sich leidenschaftlich engagiert. Wie zum Beispiel die von ihr mitgegründete Organisation „The Circle“, die sich für die Stärkung und die Gleichberechtigung von Frauen auf der ganzen Welt einsetzt. Aber wie sah der Weg aus, den sie bis da gegangen ist?

Annie Lennox wurde einen Tag nach Heiligabend 1954 in Aberdeen in Schottland geboren. Die Eltern des Einzelkindes bemerkten früh, dass in ihr ein kreatives Talent heranwuchs und unterstützten ihre Tochter wo es nur ging: Sie bekam Klavierstunden, Flötenunterricht, sang im Chor und nahm Tanzstunden. Im Alter von 17 Jahren reichte es ihr und sie ging in die große Stadt, nach London. „Als ich noch jünger war“, sagte sie, „hab ich immer nach vorne geschaut und wusste nie, wo ich langgehe.“

So verlief auch ihre Schulkarriere: Sie studierte klassische Flöte an der sehr renommierten Royal Academy of Music - den Studienplatz hatte sie auf Grund ihres außergewöhnlichen Talents gewonnen - nur um kurz vor der Abschlussprüfung alles hinzuwerfen. Sie war dort, Zitat: „fürchterlich unglücklich“. Klassische Musik war für ihren Geschmack viel zu kompetitiv. Das wollte sie nicht. Aber eines wusste sie: dass sie nun unbedingt Sängerin werden wollte. Doch von da an wurde es nicht einfacher. Sie tingelte durch Bars, arbeitete als Kellnerin und sang mal hier, mal da. Aber es gab keine musikalische Heimat für sie. Bis sie beim Kellnern Dave Stewart traf.

Es war wohl so etwas wie Liebe auf den ersten Blick. Und nicht nur das. Sie fand auch endlich einen Partner, mit dem sie Musik machen konnte. Als erstes lebten die beiden das in ihrer Band „The Tourists“ aus. Es war das Ende der 70er und ihr punkiger Sound war genau richtig, es waren sogar ein paar Hits drin. Aber da sich die Band irgendwann mit dem Label und dann auch noch untereinander anfing zu streiten, war das Schicksal der Tourists besiegelt.

Auch die Liebe hielt nicht mehr lange, Dave und Annie trennten sich. Jedoch nur als Paar - musikalisch beschlossen sie, zu zweit zu bleiben. Und was war das für ein Glück für die Popmusik, denn sie firmierten fortan als Eurythmics und schrieben Musikgeschichte. Unkaputtbare Hits wie „Sweet Dreams (Are Made Of This)“, „Here Comes The Rain Again“ oder „There Must Be An Angel (Playing With My Heart)“, waren die Folge. Hier hatte sich ein kongeniales Duo gefunden, die sich perfekt ergänzten.

“Am Anfang, als Dave und ich versucht haben, Musik zu machen als Eurythmics, war der Kern von alledem, der Drang etwas von Wert zu erschaffen, etwas von Bedeutung, zu dem die Leute eine Verbindung aufbauen können und das sie berührt” erzählte sie in einem Interview. “Wenn mich jetzt Leute auf der Straße erkennen, sagen sie Sachen wie: ‘Wow, ich bin mit ihrer Musik aufgewachsen!’. Ich kenne diese Menschen nicht, aber die kennen mich, nur durch meine Musik. Das finde ich höchst interessant. Es hat also geklappt!”

Doch wie das manchmal so ist, mit Dynamiken: Sie verschieben sich. Während Dave Stewart, der in der Band der Mann im Hintergrund war, der die Fäden zog, immer mehr in den Vordergrund strebte, war es bei Frontfrau Lennox eher umgekehrt: Sie zog sich zurück, interessierte sich wieder mehr für das private, wollte wieder mehr Zeit für sich haben. Vielleicht auch mal aus dem Korsett dieser Band heraus. 1989 brachte die Band ihr vorerst letztes gemeinsames Album heraus.

Aber das war kein Grund, die Füße hochzulegen. Lennox blieb weiter bei der Musik, schrieb, sang, kam nicht davon los. Und so erschien drei Jahre später ihr erstes Solo-Album „Diva“. Nun konnte sie sich hinter keinem Partner mehr verstecken. Nun musste sie alleine für ihre künstlerische Vision einstehen. Und wurde belohnt: „Diva“ war nicht nur ein Kritiker-Liebling, sondern auch ein Verkaufserfolg. Das Publikum liebte Annie auch als Solo-Künstlerin.

 

 

Zwei Jahre später veröffentlichte sie mit Medusa eine Verbeugung vor all ihren Lieblingskünstlern und –liedern. Und auch hier war die Resonanz durchaus positiv. Sogar die Eurythmics machten zwischenzeitlich ein neues Album, bevor auch Lennox wieder eine neue Solo-Platte veröffentlichte.

 

 

In dieser Zeit, bei einem Benefiz-Konzert, traf sie zum ersten Mal Nelson Mandela. Eine Begegnung, die sie so beeindruckte, dass sie ihr Leben veränderte.

“Sein Einfluss auf mich war enorm. Von ihm habe ich gelernt, dass wir alle nur Menschen sind. Wenn man jemanden trifft, der so außergewöhnliche Prüfungen, die jenseits normaler menschlicher Ausdauer liegen, überstanden hat, nur weil er einstand für Menschenrechte, Freiheit und Gerechtigkeit - das hat mich zutiefst berührt. Ich hab gedacht: ‚Was kann ich tun, was kann ich beitragen, im Rahmen meiner Möglichkeiten, damit sich etwas ändert?’. Und das bedeutet für mich eine lebenslange Aufgabe.“

Also, werden wir Annie Lennox nie wieder singen hören? Wer kann das schon sagen? Wird sie nie wieder Songs schreiben? Wer weiß? Aber wir können trotzdem hinhören, was sie uns zu sagen hat. Wenn Annie Lennox etwas tut, dann aus vollster Überzeugung. Und so lange sie keine Lust hat, etwas Neues zu singen, können wir uns doch anhören, was sie schon aufgenommen hat. Klassiker altern nie.

“Ich weiß nicht, ob ich keine Musik mehr machen will, aber ich habe mich zu einer Person entwickelt, die über Dinge reden muss. Mehr, als über Dinge zu singen.“

Immerhin: Sie weiß es nicht. Da ist ein Hoffnungsschimmer.

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