Joe Satriani
Shapeshifting - Gitarren für Millionen

Chris Hauke

Mit SHAPESHIFTING bringt Joe Satriani im April sein 18. Studiowerk auf den Markt und feiert in diesem Jahr dazu das 50. Jubiläum seiner persönlichen Erweckung. Von den ganz frühen Anfängen am "falschen" Instrument bis zur Wahl der richtigen Musiker für eine Platte – das macht Satch so besonders.

 

Die Anfänge

Als jüngstes von fünf Kindern kommt Joe Satriani schon früh mit der Musik in Kontakt. Seine Geschwister saugen Rock’n‘Roll und die von den Beatles angeführte British Invasion begeistert auf. Wie 73 Millionen ihrer Landsleute werden auch die Satrianis im Februar 1964 am heimischen TV Zeuge der legendären Auflage der Ed Sullivan Show, in der die vier Pilzköpfe erstmalig in Amerika groß auftrumpfen. Joe ist damals sieben Jahre alt und noch zu jung, um die Dimensionen zu verstehen, er registriert jedoch die Aufregung seiner Geschwister. Erst zwei Jahre später startet seine persönliche Musikkarriere – hinter dem Schlagzeug. Nach drei Jahren Unterricht dämmert ihm jedoch, dass diese Verbindung zu nichts führt: „Ich war sehr enthusiastisch, aber nicht sonderlich gut.“ Obwohl er damals bereits von seiner Faszination für Jimi Hendrix getrieben wird, steht ein Wechsel zur Gitarre nicht zur Debatte. Das ändert sich am 18. September 1970. Der Tod seines Idols krempelt das Leben von Joe Satriani komplett um. Er beschließt, Gitarrist zu werden – und das mit allen Konsequenzen. Zuerst verlässt er das lokale Football-Team und teilt dann den Eltern beim Abendessen mit, dass seine Berufung feststeht. Dass er sich mit dem Instrument bis dahin noch nie ernsthaft beschäftigt hat, spielt für ihn keine große Rolle: „Ich war 14 Jahre alt und im Rausch der Hormone, meine Entscheidung kam nicht aus dem Kopf, sondern aus dem Herzen. Es ging mir auch nicht darum, der nächste Jimi Hendrix zu werden, ich wollte vielmehr seine Leidenschaft fortführen und auf mich übertragen“, beschreibt er diese Zeit später.

 

Joe Satriani (c) Joseph CulticeStil & Ansatz

Auch wenn er als Gitarrist gefeiert wird, bis heute mehr als zehn Millionen Tonträger verkauft hat und damit der erfolgreichste Instrumental-Rockgitarrist aller Zeiten ist, sieht sich Satriani nicht als einen großen Techniker. Im Interview mit dem Fachmagazin Gitarre & Bass sagt er 2016: „Bei meinen Alben steht Virtuosität nie im Vordergrund. Wenn du meine Musik mit der meiner Kollegen aus den späten 80ern vergleichst, dann merkst du, dass es bei mir nie darum ging, meine Technik zur Schau zu stellen. Einfach weil ich mich noch nie für besonders gut darin hielt. Ich benutze Technik, um jeden Song auf eine eigene Weise zu erzählen. Mein Schwerpunkt lag immer schon auf den Melodien. Ich hatte schon sehr früh die Vermutung, dass ich kein allzu versierter Gitarrist werden würde. Doch das störte mich nicht, weil ich wusste, dass es eine Menge weltberühmter Bands gibt, die aus genau solchen Leuten bestehen.“

Nun ist es doch anders gekommen und Satriani gilt es einer der großen Virtuosen an der Gitarre. Trotzdem, das eigentlichen Erfolgsgeheimnis des 63-Jährigen ist nicht die Fingerfertigkeit, sondern seine Gabe Melodien in den Vordergrund zu stellen – er spricht mit seinem Spiel nicht nur Musiker an: „Ein Großteil meiner Fan-Base besteht nicht aus Gitarristen und ich hätte keine Karriere hingelegt, wenn sich nur Gitarristen für mich interessiert hätten. Und die Songs, die am besten beim Publikum ankommen sind auch die einfachsten und melodischsten und nicht etwa die, die technisch gesehen am anspruchsvollsten sind. Leute wie ich und du hören, wenn ein Song schwierig zu spielen ist, aber dem Rest der Welt ist das egal, die wollen einfach nur gute Musik hören.“

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Eine Frage des Namens

Die allermeisten seiner Songs kommen ohne Worte aus – aber das heißt keinesfalls, dass Lieder ohne Texte einfacher zu komponieren sind. „Ich habe oft mit Songs gekämpft und mich schwergetan sie fertigzustellen. Instrumentalmusik zu machen bedeutet viel Freiheit, ist gleichzeitig aber auch eine Last.“ Viele Hörer orientieren sich an den Songnamen, um die Nummern einzuordnen. Satriani hat sich dazu im Lauf seiner Karriere viele Gedanken gemacht: „Ich habe mir oft überlegt, ob der Titel den Hörern klar machen sollte, wie ich ihn empfinde. Ist das eine Bürde oder ein Bonus? Beantworten konnte ich diese Frage nie. Nehmen wir ‚Cryin‘‘ (vom 1992er-Album „The Extremist“): Hätte ich ihn anders betiteln sollen? Die Leute denken, es ist ein romantischer Song. Ich will ihnen diesen Gedanken nicht versauen.“ Hat er mal daran gedacht, den Songs im Booklet der Tonträger Erklärungen beizulegen? „Will das wirklich jemand wissen?“, fragt er zurück. „Selbst bei vielen Texten weiß man nicht, was sie aussagen sollen. Meine Songs sollen für sich selber stehen. Zieh dir raus, was du meinst.“

Treffen mit Freunden – die Geschichte von G3

Neben eigenen Alben, Gastspielen bei Kollegen und seinem Allstar-Nebenprojekt Chickenfoot mit den einstigen Van-Halen-Mitgliedern Sammy Hagar (Gesang) und Michael Anthony (Bass) sowie Drummer Chad Smith (Red Hot Chili Peppers) veranstaltet Satriani seit rund 25 Jahren Touren unter dem Banner G3, bei dem er mit zwei weiteren Gitarristen durch die Lande zieht. Wie kam es einst dazu? „Das Konzept entstand aus Frust. Meine Hoffnungen auf ein Rockstar-Leben hatten sich zerschlagen, der Erfolg hatte mich von meinen Freunden isoliert. Anstatt mit ihnen rumzuhängen und zu musizieren, war ich in Hotelzimmern gefangen und spielte jeden Abend die gleichen 20 Songs auf irgendeiner Bühne. Das war alles andere als gut und drohte, mein Sozialleben zu zerstören. Ich musste einen Ausweg finden. Gemeinsam mit meinem Management überlegte ich, wie wir es hinkriegen könnten, dass ich regelmäßig mit meinen Kumpels jammen kann.“ Den Gedanken, einen Club zu eröffnen, verwarfen Satriani und seine Helfer, doch die gemeinsamen Überlegungen sollten sich auszahlen. Schließlich stand die Idee eines Festivals im Raum. Aus Zeit- und Organisationsgründen einigte man sich auf drei Teilnehmer, die jeweils rund eine Stunde mit ihrer eigenen Band auf der Bühne stehen sollten, bevor sie gemeinsam das große Finale bestreiten. Aber die Idee brauchte fast ein Jahr, bevor sie umgesetzt werden konnte: „So lange hat es gedauert, andere Künstler und deren Manager davon zu überzeugen, dass es eine gute Sache ist, drei Gitarristen, die sich gegenseitig ausspielen könnten, jede Nacht nebeneinander auf die Bühne zu stellen. Keiner wollte schlecht aussehen. Nach fast zwölf Monaten Überzeugungsarbeit hatte ich Steve Vai und Eric Johnson an Bord.“ Zu weiteren Mitstreitern im Lauf der Jahre zählen John Petrucci von Dream Theater, Michael Schenker, Uli Jon Roth und Yngwie Malmsteen. Aber nicht immer ging alles glatt, so manches Mal kamen auch die Egos in die Quere, wie Satriani bilanziert: „Ich habe anfangs ganz unschuldig und naiv gedacht: Ich nehme einfach zwei Gitarristen dazu und alles wird toll. Allerdings musste ich dann und wann auch herausfinden, dass sich die anderen beiden nicht mögen. Das gibt es auch.“

 

Musiker auf seinen eigenen Alben

Ist G3 so etwas wie ein Spielplatz für ihn und seine Kollegen, stellt Satriani an seine Alben und die jeweiligen Mitstreiter klare Anforderungen: „Instrumental-Rockalben sind für manche Musiker schwierig zu verstehen. Wenn sie Gesangsnummern gewohnt sind, denken sie, ein Instrumental ist nur ein Song, auf dem keiner singt. Andere sehen jede Nummer als eine Gelegenheit sich darzustellen. Ich sage dann: ‚Nein, so funktioniert das nicht. Jedes Lied soll anders sein, einzigartig. Gib mir nicht deine gesamte Karriere in jedem einzelnen Song. Überlege, worum es dabei geht und spiele passend zum jeweiligen Titel. Man soll seine individuelle Geschichte hören.‘“ Satriani betrachtet Aufnahmen als Kunstform und experimentiert dafür mit Sounds und Techniken – und macht sich dazu Gedanken zu seinen potentiellen Mitmusikern: „Ich überlege mir: Wer wird auf dieser Platte zu hören sein? Welche Songs sind für sie am besten? Daher nehme ich ausführliche Demos auf – ich würde auch Bilder malen oder Texte schreiben, die niemals gesungen werden, um die Leute in die richtige Stimmung zu bringen.“

Eins ist sicher: Auch fast 50 Jahre nach dem Tod seines Idols Jimi Hendrix brennt in Joe Satriani die Leidenschaft. Die Leidenschaft, mit seiner Gitarre Geschichten zu erzählen und sich immer wieder neu zu erfinden.

Auf seinem jüngsten Werk SHAPESHIFTING setzen Drummer-Legende Kenny Aronoff und Bassist Chris Chaney (Jane’s Addiction) gemeinsam mit Keyboarder Eric Caudieux die Visionen des Mannes um, der gerne so in Erinnerung bleiben mag: „Wenn ich wählen könnte, dann würde ich mir wünschen, dass die Leute sagen: ‚Joe Satriani, das ist dieser kleine, aber mutige Typ, der zwar nicht so gut wie all die anderen Jungs ist, aber trotzdem großartige Musik macht.‘“

Ausführliche Informationen zum neuen Album, das am 10. April 2020 erscheint, findet ihr hier ►► JOE SATRIANI "SHAPESHIFTING"

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