AC/DC WAV

AC/DC: 40 JAHRE “HIGHWAY TO HELL“
GROSSER TRIUMPH, TRAGISCHES ENDE!

Alex Gernandt

“No stop signs, speed limits. Nobody’s gonna slow me down…“ singt der legendäre Bon Scott auf “Highway To Hell“, dem Titelstück des gleichnamigen fünften AC/DC Longplayers: Platz da, jetzt komme ich, keiner kann mich aufhalten! Und das begleitende, markerschütternde Gitarrenriff von Malcolm Young zählt neben “Smoke on the Water“ und “All Right Now“ längst zu den bekanntesten der Rockgeschichte. “Don’t stop me!“ war das Lebensmotto des einzigartigen AC/DC-Frontmanns, der 1974 zur Band gestoßen. Doch bis das Album HIGHWAY TO HELL endlich in den Läden stand, galt es noch einige Hürden und Hindernisse zu überwinden!

 

Seit der Bandgründung 1973 hatten sich AC/DC besonders in Europa einen respektablen Ruf in der Szene erspielt und mit Top-Alben wie HIGH VOLTAGE, DIRTY DEEDS DONE DIRT CHEAP, LET THERE BE ROCK und POWERAGE ein beachtliches Album-Repertoire zusammengerockt, unter der Ägide der versierten Produzenten und ex-Easybeats-Musiker Harry Vanda und George Young, letzterer der ältere Bruder von Angus und Mal. Zusammen war man ein eingespieltes Team. Alle vier Alben, allesamt erfolgreich Down under und in Europa, hatte man in Sydney, der Heimat von AC/DC aufgenommen. Nur in den USA war der große Durchbruch bis dato nicht gelungen - trotz mehrerer Tourneen im Vorprogramm großer Acts wie KISS, Aerosmith oder Journey. POWERAGE, das letzte Studioalbum vor HIGHWAY TO HELL, schaffte es 1978 in den Staaten gerade mal bis Platz 113 der Billboard-Charts. Eindeutig zu wenig für ihre damalige Plattenfirma Atlantic Records, die immerhin Megaseller wie Led Zeppelin und Foreigner unter Vertrag hatte.

 

AC/DC Bandfoto

AC/DC IST FAMILY BUSINESS!

Jetzt stand das fünfte Album an, und Atlantic drängte auf Erfolg um jeden Preis! Der Plattenboss war der Meinung, gravierende Veränderungen seien dazu nötig. Und so kam man in New York von Businessseite zu dem Entschluß, das bewährte Produzententeam auszutauschen. Eine Entscheidung, die Bandboss Malcolm Young, diesen loyalen, gradlinigen Typen, extrem verärgerte. Schließlich ging es hier um seinen eigenen Bruder George. AC/DC ist Family Business! Und Vanda/Young war es immer gelungen, AC/DCs dreckigen, rohen, ungeschliffenen und vom Blues beeinflussten Rocksound auf Vinyl zu bannen – ganz nach Malcolms Vorstellungen.

Doch für das kommende Album engagierte Atlantic nun kurzerhand Produzent und Toningenieur Eddie Kramer. Das ist nicht irgendwer, sondern ein renommierter Soundexperte, der schon mit Jimi Hendrix, Led Zeppelin, Santana und KISS im Studio gearbeitet hatte. Er sollte den großen Erfolg bringen. Die zweite Neuerung, vorgegeben von Atlantic: Nach den ersten Demo-Aufnahmen in den Albert Studios in Sydney, zog man im Februar 1979 um in die Criteria Studios nach Miami, Florida. Doch die Zusammenarbeit mit Eddie Kramer stand unter keinem guten Stern. Malcolm war von Beginn an äußerst skeptisch, die Stimmung im Studio schnell im Keller. Gleich beim Kennenlernen hatte Kramer die Band frech gefragt: “Kann euer Sänger überhaupt singen?“ Und als er dann noch auf die glorreiche Idee kam, AC/DC sollten eine Coverversion von “Gimme Some Lovin’“, dem Hit der Spencer Davis Group, einspielen, riss Malcolm der endgültig Geduldsfaden.

Es hatte keinen Sinn, die Zusammenarbeit mit Kramer wurde jäh beendet. Michael Browning, seinerzeit Manager von AC/DC, hatte schließlich den rettenden Einfall. Er war befreundet mit “Mutt“ Lange, eigentlich Robert John Lange, einem jungen, aus Südafrika stammenden Produzenten. Der hatte einige Achtungserfolge aufzuweisen, Platten von Graham Parker, Supercharge, Clover (mit Huey Lewis!) und City Boy produziert. Mit “Rat Trap“ von Bob Geldof und seinen Boomtown Rats war ihm kurz zuvor sogar sein erster Nummer-eins-Hit in England gelungen. Nur mit Hardrock hatte er bislang nichts am Hut.

 

DER NEUE PRODUZENT FORDERT DIE BAND!

In den Roundhouse Studios in Chalk Farm, Nordlondon, dem neuen Aufnahmeort, erwies sich Mutt Lange als absoluter Perfektionist und als, im wahrsten Sinne des Wortes, tonangebend. Er fordert AC/DC. Malcolm, Angus und auch Bon gefiel das zunächst gar nicht, sie waren es gewohnt zu bestimmen, wo es langgeht. Doch schnell merkten sie, dass Lange fähig war, noch mehr aus ihnen herauszuholen. Immer und immer wieder ließ er die neuen Songs einspielen, bis sie perfekt saßen. Die Band wurde dabei auf eine harte Geduldsprobe gestellt, denn bisher spielte man Platten ruckzuck in drei Wochen ein, inklusive Songwriting! Die Aufnahmen zu HIGHWAY TO HELL hingegen dauerten geschlagene drei Monate, täglich wurde bis zu 15 Stunden geackert. AC/DC gaben Vollgas und die Mühen lohnten sich. Besonders Bons Stimme klingt auf HIGHWAY TO HELL stärker denn je. Mutt Lange zeigte Bon eine ganz spezielle Atemtechnik, zuvor hatte er einfach nur ins Mikro geschrieen. Außerdem führte Lange bei AC/DC die mächtigen, mehrstimmigen Backgroundchöre ein, die den Sound deutlich voluminöser klingen ließen. Next Level: Stadion-Rock! Mit seinem Können verlieh er Stücken wie “Girls got Rhythm“, “Touch too much“, “Walk all over you“, “Beating around the Bush“ oder “If you want Blood (You’ve got it)“ produktionstechnisch den letzten Schliff, ohne dass sie zu glatt und poliert klangen. 

 

AUCH MUSIKER-KOLLEGEN SIND BEGEISTERT!

In England hatte die Plattenfirma die Band zu Beginn ihrer Karriere Mitte der 70er als Punkrock-Act vermarkten wollen, weil Punk eben gerade angesagt war. Man versah die ersten Veröffentlichungen sogar mit Stickern: “AC/DC - Punkrock from Australia“. AC/DC mögen die Energie des Punk haben, aber Chuck Berry war ihnen immer näher als etwa The Clash. In den USA damals das andere Extrem: Hier regierte glattgebügelter Mainstream-Rock von Acts wie Toto, Styx oder Fleetwood Mac die Charts. AC/DC waren weder das eine noch das andere. Und das machte Mastermind Malcolm sowohl Produzent Lange als auch seiner Plattenfirma klar. Der unverwechselbare, erdige AC/DC-Sound wurde beibehalten, aber zu einem gewissen, vertretbaren Grad verfeinert und so radiotauglich gemacht. Das funktionierte und überzeugte sogar Kritiker, die AC/DC zuvor noch als Krachmacher denunziert hatten. 

Malcolm, Angus, Bon, Drummer Phil Rudd und Basser Cliff Williams waren mit dem Endergebnis zufrieden. Nur eine einzige Nummer bereut Angus heute: “Love Hungry Man“. “Ich muss ein schlechtes Stück Pizza erwischt haben, als ich das geschrieben habe. Ich nehme die Schuld auf mich …“, kommentierte er im Nachhinein. Die Fangemeinde liebte HIGHWAY TO HELL auf Anhieb, in Europa und auch in den USA. In Deutschland erreichte das Album Platz 7 der Media-Control-Charts, stand erstmals in den Top 10. Und in Amerika wurde zum ersten Mal die Top 100 der Billboard-Charts geknackt, mit Höchstplatzierung auf Rang 17. Die Plattenfirma bekam also den veritablen Hit, den sie gefordert hatte. HIGHWAY TO HELL wurde die erste AC/DC-Platte, die sich über eine Million Mal verkaufte. Zu damaligen Zeiten eine echte Sensation. Bis heute zählt das Werk zu den wichtigsten Rockscheiben ever. Auch Musiker-Kollegen waren restlos begeistert. Billy Gibbons von ZZ Top etwa. Als er im Studio das Album ELIMINATOR“ aufnahm, soll er jeden Morgen erstmal Songs wie “Highway to Hell“, “Get it hot“ oder “Shot down in Flames“ volle Kanne aufgedreht haben – zur Motivation!

 

“HIGHWAY TO HELL“ - EINE HYMNE FÜR DIE EWIGKEIT! 

Dabei war es kurz vor Veröffentlichung von HIGHWAY TO HELL am 27. Juli 1979 noch einmal zu Querelen mit Atlantic Records gekommen. Die US-Plattenfirma wollte um jeden Preis den Albumtitel verhindern. Wegen befürchteter Gotteslästerung und aus Angst vor mächtigen religiösen Gruppen und drohender Zensur in den USA. Doch AC/DC setzten sich durch, der Titel blieb. Angus hatte einst in einem Interview die nerven- und kräftezehrenden Endlos-Tourneen durch die Staaten als einen “Highway to Hell“ bezeichnet. So war der Titel zustande gekommen. Und entsprechend wurde das Cover gestaltet: Angus in typischer Schuluniform, mit Teufelshörnern, umringt von der Band, Bon direkt rechts neben ihm, mit diabolischem Grinsen. In Australien kam das Werk mit leicht abgewandeltem Cover auf den Markt: Zum Bandfoto wurde mittig noch der Hals einer Bassgitarre eingefügt, eine Art "Autobahn zur Hölle" symbolisierend, dazu lodernde Flammen, das Höllenfeuer.

Highway To Hell CoverAm 1. September 1979 feierten AC/DC in Deutschland Live-Premiere ihres brandneuen Albums beim Open-Air auf dem Zeppelinfeld in Nürnberg. Sie spielten neben The Who, Cheap Trick und den Scorpions, ein Foto von Bon, auf dem er Angus geschultert hatte, zierte kurz darauf das Cover der Bravo. Danach tourten Angus, Bon & Co. wieder unermüdlich durch die Vereinigten Staaten und kamen Mitte November 1979 für 16 Konzerte nach Deutschland zurück. Im Vorprogramm: Judas Priest mit dem Album KILLING MACHINE. Alle Hallen waren so gut wie ausverkauft, neben Klassikern wie “Riff Raff“, “Live Wire“, “Whole lotta Rosie“, “Sin City“, “TNT“, “Bad Boy Boogie“ oder “High Voltage“ boten AC/DC neue Songs wie “Shot down in Flames“, “Walk all over you“, “Girls got Rhythm“, “If you want Blood“ und natürlich “Highway to Hell“, eine Hymne für die Ewigkeit, die überall zehntausendfach mitgegrölt wurde. Im Rahmen des Paris-Konzerts entstanden im Dezember Szenen für den sehenswerten Doku-Streifen LET THERE BE ROCK.

Nach einer kurzen Weihnachts- und Neujahrspause wurde die HIGHWAY TO HELL-Tour Mitte Januar in Frankreich fortgesetzt und am 27. Januar 1980 endete sie mit einem mittlerweile denkwürdigen Konzert im Gaumont Theatre im südenglischen Southampton. “Let there be Rock“ sollte der letzte Song sein, den Bon jemals auf einer Bühne singen würde. Keine vier Wochen später dann die erschütternde Nachricht: BON SCOTT IST TOT! Fans in aller Welt sind geschockt und wollen es nicht glauben. Am 19. Februar 1980 wird der legendäre, bei allen beliebte AC/DC-Frontmann nach durchzechter Nacht im Wagen seines Freundes in East Dulwich, London leblos aufgefunden. Jede Hilfe kommt zu spät. Angus erinnert sich in einem Interview: „Bons Freundin Silvia rief mich an und berichtete unter Tränen von seinem Tod. Was für ein Schock! Wir waren alle in London, um Demos für das nächste Album aufzunehmen. Bon war ins Studio gekommen und hatte aus Gag noch Drums auf dem Track ,Have A Drink On Me’ gespielt. Er war keineswegs so selbstzerstörerisch, wie er oft dargestellt wurde. Bon liebte das Leben, er trank, verpasste aber nicht ein einziges Konzert. Und plötzlich war er weg. Für immer…“ 

So endet für AC/DC der große Triumph mit einer unfassbaren Tragödie. HIGHWAY TO HELL wird für Bon Scott nicht nur sein erfolgreichstes Album, sondern auch sein letztes – und der Titel bittere Realität: “And I’m goin’ down/ All the way/ I’m on a Highway to Hell…“  Er wird nur 33 Jahre alt. 

 

Zum Album AC/DC "HIGHWAY TO HELL"

 

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